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Chair of Computer Science II - Software Engineering

Spätmittelalterliche Bibelhandschrift in virtueller Pracht

02.03.2009

Informatik II und Unibibliothek erstellen eine digitale Version der berühmten Ottheinrich-Bibel für das Bibelhaus Erlebnismuseum in Frankfurt am Main

Als prachtvoll ausgestaltete Zeugnisse der Vergangenheit kennen wir mittelalterliche Bilderhandschriften in der Regel nur aus Büchern, vielleicht auch aus Geschichtssendungen im Fernsehen. Bei Ausstellungen liegen sie hinter dickem Vitrinenglas, und sind wegen der gedimmten Beleuchtung kaum richtig zu erkennen. Trotzdem faszinieren uns diese Quellen ungeheuerlich, obwohl doch nur ganz wenige von uns selbst einmal in einer solchen Handschrift blättern können - und schon gar nicht in einer der kostbarsten Bilderhandschriften der Welt.

Ab sofort gilt das nicht mehr - zumindest für die Besucher der Ausstellung „Prachtvoll – Die kostbarste Illustrierte der Welt“, die das Bibelhaus Erlebnismuseum Frankfurt vom 27.2. bis 10.5.2009 zeigt.

Die kostbarste Illustrierte der Welt ist die berühmte Ottheinrich-Bibel, die älteste illustrierte Abschrift des Neuen Testaments in deutscher Sprache. Um 1430, also bereits rund 50 Jahre vor der Geburt Martin Luthers, gab Herzog Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt die monumentale Bibelhandschrift in Auftrag. Sie gelangte später in den Besitz von Ottheinrich, Pfalzgraf von Neuburg und pfälzischer Kurfürst, der zwischen 1530 und 1532 die Vollendung der wunderbaren Buchmalereien der Bibel veranlasste. Nachdem die Handschrift lange Jahre in Einzelbände geteilt und an verschiedenen Orten aufbewahrt worden war, gelang es 2007, die fehlenden Teile für die Bayerische Staatsbibliothek in München zu erwerben und alles wieder zusammenzuführen. Erstmals kann man nun die glanzvolle Ottheinrich-Bibel komplett bestaunen. Nach München bildet Frankfurt am Main die zweite Station einer einmaligen Wanderausstellung.

Damit die Besucher der Frankfurter Ausstellung die Kostbarkeit möglichst nah und unmittelbar betrachten können, erarbeiteten im Auftrag des Leiters des Bibelhauses, Jürgen Schefzyk, die Digitalisierungsspezialisten der Universität Würzburg eine digitale Präsentation der berühmten Handschrift. Diese gestalteten die Texte und Bilder der Vergangenheit zu einem virtuellen Erlebnis aus, das die Faszination der echten Handschrift bewahrt. Die digitale Version der Ottheinrich-Bibel bietet die allerschönsten Seiten als virtuelles „Blätterbuch“. Eine virtuelle Lupe dient der Vergrößerung von Text und Bild – ganz wie bei der Betrachtung einer echten Handschrift. Beschreibungen zu den Illustrationen und – als besondere Zugabe – 14 Bibelpassagen als Hörproben aus dem Munde des renommierten Würzburger Altgermanisten, Professor Dr. Horst Brunner, der die frühneuhochdeutschen Texte simultan zur auf dem Bildschirm jeweils sichtbaren Stelle aus der Transkription vorträgt, ergänzen dieses virtuelle Erlebnis.

Die virtuelle Aufbereitung von Ottheinrichs Reise 1536/37 nach Krakau, die bereits im letzten Jahr Gegenstand eines Online-Projektes der Universität Würzburg war, ergänzt die „Ottheinrich-Bibel digital“ um ein weiteres bedeutendes Dokument aus dem Leben des Pfalzgrafen.

Ersetzen kann die kleine digitale Ottheinrich-Plattform die echte Handschrift sicher nicht, schon gar nicht die fast magische Aura, die von der Ottheinrich-Bibel ausgeht. Sie bietet aber dem Betrachter neue Zugänge und nachhaltige Eindrücke beim „Blättern“ einer mittelalterlichen Handschrift.


Portalseite zur Bibel-Ausstellung: http://www.ottheinrich-bibel.de

Portalseite zu Ottheinrichs Reise nach Krakau 1536/37: http://www.ottheinrich.info



Ansprechpartner für das digitale Projekt:

Prof. Dr. Jürgen Albert
(Lehrstuhl Informatik II)
Tel.: +49 (931) 31-86600

albert@informatik.uni-wuerzburg.de


Dr. Hans-Günter Schmidt
(Abteilung Handschriften und Alte Drucke der Universitätsbibliothek)
Tel.: +49 (931) 888-5964

hans-guenter.schmidt@bibliothek.uni-wuerzburg.de



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